Syrien – quo vadis Volkswagen? |
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Voriges Jahr im Herbst war ich zum ersten Mal in meinem Leben in einer fernöstlichen Großstadt – die Szenerie erschlug mich. Abends stand ich auf einer Fußgängerbrücke und bestaunte die Verkehrsmassen. Am folgenden Tag besuchte ich Freunde und nahm ein Taxi. Und schon wieder kam ich ins Staunen, denn dieses Toyota-Taxi (und es gab nur Toyota-Taxis) war auf Gasantrieb umgerüstet – so wie jedes Taxi in dieser Metropole.
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» Automobilclub Baron Hotel |
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Während dieser Taxifahrt und während meines gesamten Aufenthaltes konnte ich die ganze Vielfalt koreanischer, chinesischer und japanischer Automobilbaukunst bestaunen – wobei die offensichtliche Vorliebe für Pickups mir doch sehr übertrieben erschien. Trotzdem – ich begann mich zu fragen, wo denn die Fabrikate deutscher Hersteller waren? Gelegentlich sah ich einen Yuppie mit einem hochpreisigen BMW oder Benz, es war aber weit und breit kein VW zu sehen – von Opel- oder Ford-Modellen ganz zu schweigen. Nun gut, Toyota beherrscht den Markt, und ich war ja schließlich in Asien. | |||||
Diesen Herbst besuchte ich Aleppo in Syrien – weitaus weniger interessiert an der Produktion der Alepposeife als meine Reisebegleiter, und mehr daran, meine Zeit in Ruinen, Kirchen, Souqs, Moscheen, Museen, Hamams und auf Tells zu verbringen. Aleppo ist faszinierend und auch wenn der Verkehr sehr gewöhnungsbedürftig ist, so geht es doch sehr viel ruhiger zu als in Fernost. Zum Teil liegt das sicher auch an den Fahrzeugen, denn Aleppo ist voll von fahrbereiten, wunderschönen Oldtimern aus amerikanischer, französischer und deutscher Produktion. Irgendwann jedoch ließ der Rausch des schönen wohlgeformten Alten nach und wieder kamen ein paar Fragen bei mir auf, denn es gab natürlich weitaus mehr Fahrzeuge im Alter zwischen fabrikneu und zehn Jahren, als rollende Museumsstücke.
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» Changhe car, Aleppo |
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Und wieder sah ich Toyota und Isuzu. Neben den japanischen Personen wagen waren allerdings auch iranische Personenwagen, osteuropäische Kleinsttaxis, koreanische Geländewagen und chinesische Kleinlaster unterwegs. Gab es hier einen VW, der jünger als 30 Jahre war? Mehr als einen neuen BMW oder Mercedes, der nicht von einem Mitglied der Oligarchie gefahren wurde? Nein. Jeder Fahrer eines anderen Typs schwärmte von deutschen Autos – aus respektvoller Distanz, vor allem zum Preis.
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» Mercedes, Aleppo |
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Man könnte sich ruhig etwas mehr Gedanken machen. VW ist der größte Arbeitgeber in meinem Bundesland. Jede Menge Arbeitsplätze in Deutschland hängen direkt oder indirekt an der Automobilindustrie. Will man in Deutschland ausschließlich Autos bauen, die sich weltweit nur wenige Menschen leisten können? Wer verlangt, dass man hier nur hochpreisige Fahrzeuge bauen darf? Arbeitsplätze entstehen so nicht. Jedenfalls nicht hier.
Aber was soll's – morgen früh werde ich wieder meinen 15 Jahre alten Citroen-Diesel starten, mich am Nageln und dem Verbrauch von fünf Litern erfreuen und mit einem Lächeln an den Kaufpreis denken. Das ist ein Altwagen, dessen Preis mir nicht zu hoch war. professore | |||||
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